Dolmetschen in der Sozialen Arbeit

Viele Sozialarbeiter*innen, die mit Familien oder Jugendlichen arbeiten, die nicht gut Deutsch sprechen, haben die Schwierigkeit, dass sich Feinheiten in der Kommunikation oft nicht sprachlich vermitteln lassen. Sie wissen nicht, ob ihr Gegenüber wirklich die Bedeutung ihrer Worte erfasst hat – oder nur aus Höflichkeit oder Frustration zustimmend nickt. Deshalb werden oft Dolmetscher*innen hinzu genommen. Abgesehen von der mangelnden Finanzierungsbereitschaft durch die Kommunen, ist dies mit weiteren Herausforderungen verbunden.

Die Erfahrung zeigt, dass nur sehr wenige Dolmetscher*innen zur Verfügung stehen und dass die wenigsten davon wirklich ausgebildet sind. Die sogenannten Sprachmittler*innen sind häufig Muttersprachler, die mehr oder weniger gut Deutsch sprechen. Manchmal potenzieren sich damit die Möglichkeiten von Missverständnissen.

Wenn wir davon ausgehen, dass wir das Glück hatten, einen Muttersprachler mit sehr guten Deutschkenntnissen als Sprachmittler gewinnen zu können oder sogar eine ausgebildete Dolmetscherin, sollten wir folgendes beachten:

  1. Bei der Auswahl des Dolmetschers ist es wichtig, dass wir darauf achten, dass dieser möglichst aus dem Land der Klienten kommt. Außerdem kann es wichtig sein, Geschlecht und Volkszugehörigkeit zu beachten. Nicht alle, die arabisch sprechen, vertrauen einander. Dolmetscherin und Klientin dürfen auf keinen Fall verfeindeten Gruppen angehören. Häufig gehören sie unterschiedlichen Schichten an – auch dies ist manchmal eine Erschwernis, da die Dolmetscher auch das vielleicht niedrigere Sprachniveau in der Muttersprache übersetzen müssen.

  2. Dolmetscher*innen und Klient*innen sollten sich nicht in der gleichen Community bewegen. Selbst wenn der Dolmetscher die Schweigepflicht zuverlässig einhält, ist es so schwieriger für die KlientInnen, offen zu reden.

  3. 15 min vor dem ersten Termin sollten wir die Dolmetscher kurz über die Situation, unser Anliegen und eventuelle Besonderheiten informieren.

  4. Es muss vereinbart werden, dass Satz für Satz übersetzt wird. Auch wenn die Dolmetscherin den Eindruck hat, dass der Klient etwas nicht genau verstanden hat, darf er nicht ohne Rücksprache einen längeren Wortwechsel mit den Klienten beginnen. Sie müssen immer wieder die Sozialarbeiter mit in das Gespräch nehmen durch exakte Übersetzung, sowohl der eigenen Worte als auch der Antworten.

  5. Die räumliche Position des Dolmetschenden ist idealerweise in gleicher Entfernung von Sozialarbeiter und Klient, es wird ein gleichschenkliges Dreieck gebildet.

  6. Während des Sprechens und auch beim Hören der Übersetzung bleibt der Sozialarbeiter in Blickkontakt mit der Klientin. Er wendet sich nur in Ausnahmefällen dem Dolmetscher zu. Also nicht: „Können Sie Frau xy sagen, sie solle heute Nachmittag zur Schule kommen.“ Sondern: Frau xy, Sie sollen heute Nachmittag zur Schule kommen.“

  7. Dolmetschende und Klient*innen haben keinen Kontakt außerhalb des Settings. Die Gefahr ist, dass die DolmetscherInnen in eine Rolle rutschen, für die sie weder ausgebildet sind noch bezahlt werden. Also keine Telefonnummern austauschen.

  8. Der Dolmetscher fügt nichts aus seinem persönlichen Wissen im Gespräch einfach hinzu.

  9. Die Dolmetscherin enthält sich jeder moralischen Bewertung, sie versucht aktiv, „sich nichts anmerken zu lassen.“ Auch negative Äußerungen werden übersetzt.

  10. Es ist absolut wichtig, in jeder Sitzung nochmals die Schweigepflicht hervorzuheben.

  11. Dolmetschende betreten bei aufsuchenden Gesprächen die Wohnung der Klient*innen nicht alleine. Sie warten auf die Sozialarbeiter*innen. In anderen Räumen erwartet der/die Sozialarbeiter*in zusammen mit dem Dolmetscher den Klienten.

  12. Nach dem Gespräch muss noch Zeit für einen kurzen Austausch sein zwischen Dolmetscher und Sozialarbeiter.